Kirchenführung

Entdecken Sie die Schätze der Ludgeri-Kirche

In aller Kürze die Baugeschichte der Ludgeri-Kirche, ehe der Rundgang beginnt.

Die heute größte mittelalterliche Kirche Ostfrieslands steht mitten auf dem großen Norder Marktplatz. Das niedrige Langschiff wurde im frühen 13. Jahrhundert als romanische Einraumkirche erbaut. Sie schloss im Osten mit einer halbrunden Apsis (Altarraum) ab und hatte zwei Eingänge an der Nord- und Südseite, kleine Rundbogenfenster und eine flache Holzbalkendecke. Die Kirche war dem heiligen Ludger, dem Apostel der Friesen und ersten Bischof von Münster geweiht.

Im frühen 14. Jahrhundert wurde die Kirche im Osten um ein Querschiff mit drei Kreuzgewölben erweitert. Nachdem diese Gewölbe im 15. Jahrhundert eingefallen waren, wurde 1445 das ganze Querschiff mit verstärkten Mauern und Pfeilern in der heutigen Gestalt wiederaufgebaut.

Anschließend wurde der alles überragende dreischiffige Hochchor mit Chorumgang errichtet, der vermutlich um 1455 fertiggestellt war. An diesen Bauten war der Norder Häuptling und spätere ostfriesische Reichsgraf Ulrich I aus dem Haus Cirksena maßgeblich beteiligt. Der Grundriss des Hochchores gleicht dem des 1443 fertiggestellten Chorbaus der Martinikirche in Groningen, der lediglich noch etwas höher gestreckt ist.

Beim Gang um die Kirche in westlicher Richtung beeindruckt zunächst die Anfang des 14. Jahrhunderts vorgebaute frühgotische Westfassade mit einer für diese Zeit charakteristischen Gestaltung des Giebeldreiecks. Die untere Fensterreihe um die Nordwestecke ist erst nachträglich in das mächtige 2,42 m starke Mauerwerk eingebrochen worden und zwar in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts für die Deutsche Schule. Heute verbirgt sich dahinter ein Sitzungszimmer.

Auf der Nordseite des Langschiffs kann man dann im Mauerwerk noch die Rundbögen der ehemaligen kleinen romanischen Fenster erkennen, sowie die Spuren zweier früherer seitlicher Eingangspforten. Über dem Nordportal des Querschiffs ist im Tympanon ein Relief aus der Zeit um 1240 erhalten geblieben, das die Anbetung der drei Könige darstellt, in der Mitte Maria mit dem Kind, rechts daneben Joseph und ganz rechts, etwas unbeteiligt scheinend, ein Heiliger mit einem kleinen Kreuz, so wie in der französischen Kathedralplastik der Heilige Andreas dargestellt wurde. Das Relief stammt also wahrscheinlich noch von der großen Andreaskirche, die bis Mitte des 16. Jh. neben der Ludgerikirche auf dem Hügel des Alten Friedhofs stand.
Auffällig ist am Außenmauerwerk des Querschiffs und des Chores der Wechsel zwischen Backstein und Tuffstein, der die architektonische Gliederung wirkungsvoll unterstreicht. 

Am Südgiebel des Querschiffs ist der rekonstruierte Giebelschmuck zu sehen, angefangen von der Inschrift über dem Südportal mit den flankierenden Wappen bis zu den Sandsteinfiguren im Giebeldreieck. Rechts neben dem Südgiebel mit dem Treppenturm, dem Aufgang zur Orgel, sind im Mauerwerk noch die Spuren eines ehemaligen eingewölbten Anbaus zu erkennen. Hier war die Mitte des 16. Jahrhunderts gegründete Deutsche Schule untergebracht bis sie nach 1822 an das Westende des Langschiffs verlegt wurde. 

Der Dachstuhl über dem Chorumgang zeigt noch viel Gebälk aus der Erbauungszeit vor über 500 Jahren, Eichenbalken mit Holzdübeln, die die Hochchorwände abstützen. Aus den kleinen verglasten Dachluken sieht man auf den Marktplatz bzw. auf den Alten Friedhof. Die Gewölbe sind von oben zu sehen. Bedingt durch die Rundung des Chorabschlusses kommt es dabei zu unterschiedlichen Formen. Die Gewölbe, aus Backstein gemauert, sind mit Kalk verstrichen. Man sieht die Abdeckung der Konstruktionslöcher, die vom Kircheninneren aus mit den hölzernen Sternenscheiben verdeckt sind. An der Wand zum Hochchor sind die mit geringerer Mauerstärke geschlossenen Blendarkaden zu sehen, durch welche die darunter liegenden Bögen zwischen den dicken Rundpfeilern des Chorraumes entlasten werden.

Über dem Querschiff wurde zusammen mit der Schieferdeckung des Daches im Zuge der Kirchenrenovierung 1981 der gesamte Dachstuhl erneuert. In den Giebeln befinden sich große mit Drahtgeflecht bedeckte Fensteröffnungen und am Fuß der Dachflächen Luken mit beweglichen Holzklappen zum Druckausgleich bei Sturm.
Eine steile Treppe führt hinauf zum Dachstuhl über dem Hochchor. Dort sieht man viel neuere Holzversteifung, Metallverstrebungen, die die Außenwände des Hochchores zusammen halten sollen, und die Aufhängung eines Kronleuchters am Gebälk. Eine hohe Leiter führt noch zu einer Dachluke, durch die für den Dachdecker der große Dachreiter zugänglich ist.
 

Dem Südgiebel gegenüber steht der Glockenturm. Er wurde im frühen 14. Jahrhundert erbaut, freistehend, wie bei den meisten mittelalterlichen Kirchen Ostfrieslands, und heute sogar durch eine Straße von der Kirche getrennt. Seine Fassadengliederung zeigt im unteren Bereich noch Rundbögen, während die Blendnischen in den Giebeldreiecken bereits Spitzbögen enthalten, Stilmerkmale der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik. Im eingewölbten Untergeschoß war früher die Stadtwaage untergebracht. Heute ist dort eine Gefallenen-Gedenkstätte eingerichtet. An der östlichen Außenwand erinnert zudem eine überlebensgroße Soldatenfigur aus Eisenklinker, 1927 von dem Berliner Bildhauer Hermann Hosaeus entworfen, an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges.

Seit 1992 hängt in der großen östlichen Schallöffnung (zur Wochenmarktseite hin) ein Glockenspiel der niederländischen Glockengießerei Eijsbouts, das mit seinen 18 sehr harmonisch klingenden Glocken viermal am Tag zu hören ist (jeweils zwei Minuten vor 9, vor 12, vor 15 und vor 18 Uhr). Das mehrstimmig gespielte Liedgut richtet sich nach den jeweiligen Kirchenjahreszeiten.

Das Innere der Kirche betritt man heute durch den Flur der vorgebauten Küsterei. Dort befinden sich zunächst linker Hand der Weltladen [eigener Link] und darüber die Gemeindebücherei [eigener Link], beides 2009 durch Umbau der alten Küsterwohnung eingerichtet. Ebenfalls links liegt weiter hinten das Sitzungszimmer.

Das Sitzungszimmer
Der Raum wurde in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts für Schulzwecke vom Kirchenschiff abgetrennt. Heute hängen an den Wänden zahlreiche Pastorenbilder vom 16. bis 21. Jh., teils als Ölgemälde, teils als Fotografien. Interessant sind auch drei Baupläne vom Ende des 19. Jh., die einen Entwurf darstellen, wie die Ludgerikirche zu einer großen neugotischen Kirche mit Seitenschiffen und großem angebauten Turm umgebaut werden könnte. Der Entwurf kam nicht zur Ausführung, so dass die Ludgerikirche heute einen interessanten gewachsenen Zustand aus ca. 800 Jahren zeigt.

Das Zimmer wird heute außer für Sitzungen auch für den sonntäglichen Kirchentee genutzt, bei dem man den Gottesdienst im regen persönlichen Austausch ausklingen lassen kann.

Der Kirchraum
Gegenüber dem Sitzungszimmer kommt man rechter Hand durch die neugotischen Türen in das Langschiff, den ältesten Teil der Ludgerikirche. Seine Herkunft aus der Zeit der Romanik mit ursprünglich flacher Holzbalkendecke und kleinen Fenstern ist kaum noch erkennbar, weil heute das Holztonnengewölbe von 1746 und die großen gotischen Fenster aus den 1820er Jahren, sowie das Gestühl und die Emporen den Raumeindruck bestimmen.

Kastengestühl
Das Gestühl wurde nach der Reformation eingebaut, als die langen Predigten von der Kanzel ein Zuhören im Sitzen erforderlich machten. Dabei konnten die Gemeindemitglieder einen eigenen Familiensitz erwerben . Davon zeugen noch einige mit Wappen, Hausmarken, Monogrammen und Jahreszahlen geschmückte Türchen. Die älteste dieser Jahreszahlen ist 1621. Die geschlossene Bauweise des an den Rücklehnen mit Traljen (Reihen von gedrechselten Holzstäben) geschmückten Kastengestühls war übrigens sehr praktisch, um im Winter die Wärme zusammenzuhalten, die von den mit Torf beheizten Stövchen unter den Füßen ausging. Im 17. Jahrhundert wurde das Sitzplatzangebot durch den Bau der großen Emporen im Langschiff erweitert.

Barocke Altargemälde
An der Südwand des Langschiffs hängen drei große Altargemälde, auf denen das Abendmahl sowie die Kreuzigung und Kreuzabnahme Christi dargestellt sind. Sie wurden 1785 von dem Groninger Historienmaler de Hosson für die Innenseiten des Flügelaltars im Hochchor angefertigt und hingen dort, bis bei ihrer Restaurierung 1983 die dahinterliegenden Schrifttafeln wiederentdeckt und freigelegt wurden. Um diese religionsgeschichtlich bedeutsame Version eines Schriftaltars erhalten zu können, wurden die Bilder nicht wieder am Flügelaltar angebracht, sondern gerahmt und hier aufgehängt.

Die barocke Kanzel mit ihrem mächtigen Schalldeckel wurde am zweiten Adventssonntag 1712 eingeweiht. Ihr Erbauer, Redolph Garrelts (Hamburg), stammte aus Norden, wo er 1675 in der Ludgerikirche getauft worden war. Er erlernte bei Arp Schnitger in Hamburg das Orgelbauerhandwerk und machte sich später in den Niederlanden selbständig, wo es heute noch bedeutende Zeugnisse seiner Orgelbaukunst gibt. Nur für seine Heimatgemeinde übernahm er den Auftrag, eine Kanzel zu bauen. Dabei zog Garrelts für die Holzschnitzarbeiten den niederländischen Bildschnitzer Jan de Rijk mit seiner Werkstatt hinzu. Dieser schuf in nur 11 Monaten den mit der Gemeinde vertraglich vereinbarten reichhaltigen Figurenschmuck, der dem Betrachter die Heilsgeschichte vor Augen führt, die allsonntäglich von der Kanzel verkündigt wird.
Das tragende Fundament bildet Mose mit den zwei Gesetzestafeln mit den Zehn Geboten, links die drei Gebote für unser Verhalten Gott gegenüber, rechts die übrigen Gebote für den Umgang mit den Mitmenschen. Am Kanzelkorb ist Jesus, der Retter der Welt (I[ESUS] S[ALVATOR] MUNDI), die zentrale Figur, flankiert von Johannes dem Täufer und den vier Evangelisten auf der einen und den Aposteln nebst Paulus und Martin Luther auf der anderen Seite. Von der Kreuzigung Jesu künden die Figuren mit den Marterwerkzeugen oben auf dem Rand des Kanzeldeckels und von seiner Auferstehung die Reliefs mit der Emmaus-Geschichte darüber an der turmartigen Laterne. Der bekrönende Engel ganz oben bläst eine Trompete und hält in der anderen Hand ein Buch mit den Worten „Das ewige Evangelium“. Der Kanzeldeckel verrät in seiner Gestalt und seinen großen Ausmaßen deutlich niederländischen Einfluss und trägt wesentlich zur Verständlichkeit des von der Kanzel gesprochenen Wortes bei. An seiner Unterseite, zu Häupten des Predigers, wurde anstatt der damals üblichen Taube eine Rose angebracht, wie im Kontrakt ausdrücklich festgelegt.
Bevor der Prediger – heute auch die Predigerin – hinaufsteigt, sieht er/sie über sich am Türrahmen zur Kanzeltreppe noch einmal Mose, in gebückter Haltung nach seinen Schuhen greifend, gemäß 2. Mose 3,5: „Zieh deine Schuhe von den Füßen, denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!“.

Um 1318 wurde ein Querschiff mit quadratischen Kreuzgewölben angebaut und nach deren Einsturz 1445 in der heutigen Gestalt wiederaufgebaut. Die Innenausstattung stammt aus der Zeit nach der Reformation mit verschiedenen Emporen als privaten Sitzplätzen, die Empore im nördlichen Querschiff von 1587 war den Ratsherren vorbehalten, daher „Herrenboden“ genannt.
Seit Abschluss der Restaurierungsphase 1980-85 steht ein schlichter moderner Altar in der Vierung mit einer Kreuzigungsgruppe des Künstlers Siegfried Zimmermann.
Die beiden großen Fenster in den Giebelwänden des Querschiffs mit ihrem Maßwerk wurden erst Ende des 19. Jahrhunderts eingebaut. Zur Erinnerung an die Lutherfeiern von 1883 zu Martin Luthers 400. Geburtstag wurde das nördliche Fenster 1889 mit der Darstellung des Reformators eingebaut. 1898 folgte das gegenüberliegende südliche Fenster mit Luthers Mitstreiter Philipp Melanchthon.

Das Fresko
Das Fresko im mittleren Gewölbe des Querschiffs, also der Vierung, wurde in den frischen Kalkputz gemalt und ist die einzige bildliche Darstellung in der Ausmalung der Kirche. Christus als Weltenrichter thront auf dem Regenbogen, dem Zeichen des Bundes Gottes mit den Menschen. Seine Füße ruhen auf der Erdkugel und aus seinem Munde gehen Schwert und Lilie als Zeichen des Gerichtes und der Gnade. Zu beiden Seiten knien fürbittend Maria und Johannes der Täufer, und zu seinen Füßen beginnt die Auferstehung der Toten.

In der Reformationszeit entsprechend dem Bilderverbot weiß übergetüncht war das Fresko für Jahrhunderte vergessen. Erst 1961 wurde es wiederentdeckt. Dabei wurde sichtbar, dass mitten durch die Christusfigur hindurch ein Kronleuchter aufgehängt worden war.
Die übrige, ebenfalls mittelalterliche Ausmalung des Querschiffs und des Chores ist rein ornamental gehalten und unterstreicht die architektonischen Formen der späten Gotik.

Kronleuchter
Die sechs Messing-Kronleuchter, fast alle im Stil der flämischen Kronen, sind überwiegend von Gemeindegliedern gestiftet. Sie gehören zu den prächtigsten in Ostfriesland. Der älteste von ihnen stammt von 1643. 1650 folgte die Krone mit dem Erzengel Michael, die jetzt zwischen Kanzel und Orgel hängt. Besonders sehenswert ist auch die Krone mit dem Pelikan (Symbol des sich aufopfernden Christus), die vor dem Fürstenstuhl hängt. Sie wurde 1689 „der Kirchen vorehret“. Beachtenswert und ganz anderer Art ist die Krone im nördlichen Querschiff. Die jüngste Krone, am Westende des Langschiffs, wurde laut Gravur 1927 anlässlich des 400jährigen Reformationsjubiläums in Norden von Mitgliedern der lutherischen Gemeinde gestiftet.

Gebetsleuchter
Der Gebetsleuchter im Ort der Stille wurde 2003 von dem Norder Künstler Michael Sielemann entworfen und gefertigt. Besuchern gibt er einen Raum zum Verweilen, zur Ruhe zu kommen, ein Gebet zu sprechen oder auch für einen geliebten Menschen eine Kerze anzuzünden. Diese Tradition, die sich zunehmend in evangelischen Kirchen verbreitet, wird von der Gemeinde und unseren Gästen gerne angenommen.

Die weltberühmte Arp-Schnitger-Orgel ist das wertvollste Ausstattungsstück der Kirche und ein Werk des bedeutendsten norddeutschen Orgelbaumeisters der Barockzeit Arp Schnitger (Hamburg). Sie wurde in den Jahren 1686/87 erbaut und 1691/92 erweitert und besitzt 46 Register (Pfeifenreihen), von denen 8 noch aus den Vorgängerorgeln von 1567 und 1618 stammen.

Die Register mit ihren insgesamt 3114 Pfeifen sind verteilt auf fünf verschiedene Werke, die von drei Manualen und dem Pedal aus gespielt werden. Drei dieser Werke fallen dem Betrachter gleich ins Auge, nämlich der große, ganz in die Vierung hineinragende Pedalturm und links davon das Rückpositiv in der Brüstung und das Hauptwerk darüber auf der Empore.

Das Brustpositiv unter dem Hauptwerk, direkt über dem Spieltisch, ist vom Kirchenraum aus kaum sichtbar, etwas besser das 1691/92 noch hinzugefügte Oberpositiv oberhalb des Hauptwerks im Hintergrund (wo einst die Vorgängerorgeln ihren Platz hatten).
Während Rückpositiv und Hauptwerk in ihrer mit barockem Schnitzwerk umgebenen Pfeifenfront die übliche Schnitgersche symmetrische Gliederung zeigen (polygonaler Bassturm in der Mitte mit Posaunenengel als Bekrönung, zwei seitliche Spitztürme und dazwischen in zwei Etagen die flachen Diskantfelder), ist die ganze asymmetrische Anlage am südöstlichen Vierungspfeiler mit leichter Schrägstellung und räumlich getrenntem einseitigen Pedalturm für Schnitger und seine Zeit ziemlich ungewöhnlich. Sie trägt aber den besonderen räumlichen Verhältnissen der Ludgerikirche in genialer Weise Rechnung: der Orgelklang erreicht alle Raumteile, den Hochchor und das Langschiff (das beim Bau der Orgel noch seine flache Holzdecke hatte) mit Querschiff und Vierung, wenn auch mit unterschiedlichem Effekt, und erfüllt damit die damals neue und seither wichtige Aufgabe, die singende Gemeinde überall in der Kirche zu unterstützen.

Der besonders edle und farbenreiche Klang mit der charakteristischen alten Stimmung macht die zweitgrößte in Deutschland noch erhaltene Schnitger-Orgel seit ihrer vorbildlichen Restaurierung 1981–85 durch Jürgen Ahrend (Leer-Loga) zu einem begehrten Anziehungspunkt für Orgelfachleute und -liebhaber aus aller Welt. Zu hören ist die Orgel natürlich in allen Gottesdiensten, besonders ausgiebig aber bei den regelmäßigen Orgelkonzerten und der Musik zur Marktzeit in den Sommermonaten.

Weitere Informationen zur Orgel finden Sie hier.

Am Bau des Hochchores (und Wiederaufbau des Querschiffs) war der Norder Häuptling und spätere ostfriesische Reichsgraf Ulrich I. aus dem Haus Cirksena maßgeblich beteiligt; sein Wappen ist in den Schlusssteinen des Vierungsgewölbes und des östlichen Chorgewölbes zu finden. Der Hochchor hat in der Mitte eine lichte Höhe von 22 Metern und ist damit deutlich höher als das Querschiff. Der Grundriss des Hochchores gleicht dem des 1443 fertiggestellten Chorbaus der Martinikirche in Groningen, der lediglich noch etwas höher gestreckt ist. Beide Bauten haben einen Chorumgang mit zwei Altarnischen und im Osten den sechsseitigen Chorabschluss mit einem Pfeiler in der Mittelachse. Die Arkadenbögen werden von mächtigen Rundpfeilern getragen. Die Bogenreihe wiederholt sich in den darüber liegenden Blendarkaden und wird auch durch die Fensterreihe des Obergadens aufgenommen.

Die Zweiteilung des gesamten Kirchenraumes ergab sich nach der Reformation durch den damaligen gottesdienstlichen Gebrauch mit Predigtgottesdienst von der Kanzel aus und Abendmahlsgottesdienst am Hochaltar und wurde durch den Einbau des Fürstenstuhls noch verstärkt.

Heute wird im Lang- und Querschiff um die Kanzel und den in der Vierung aufgestellten Altar der sonntägliche lutherische Hauptgottesdienst (mit Abendmahl) gefeiert, während der Hochchor für Trauungen, Taufen und Andachten genutzt wird.

Die Ausstattung des Hochchores stammt weitgehend noch aus vorreformatorischer Zeit;
die beiden bunten Fenster im Obergaden am Ostende des Chores mit der Darstellung der vier Evangelisten erst von 1901.

Chorgestühl von 1481
Das lange gotische Chorgestühl an den beiden Seiten des Hochchors gehört nicht zur ursprünglichen Ausstattung dieses Raumes, obwohl es in der entsprechenden Zeit, nämlich 1481 entstanden ist, wie die Inschrift an der nordöstlichen Seitenwange bezeugt. Diese Inschrift hat übrigens frühere Kunsthistoriker dazu verleitet, die Vollendung des Hochchorbaus auf 1481 zu datieren. Doch die Ludgerikirche war nie eine Klosterkirche, und das Chorgestühl war ursprünglich um einige Sitze länger und musste für das hiesige Platzangebot beim Einbau gekürzt werden. (Die Reste der dabei übrig gebliebenen Sitze finden sich jetzt noch im Chorumgang.) Möglicherweise stammt das Chorgestühl aus dem 1531 zerstörten einstigen Norder Benediktiner-Doppelkloster Marienthal. Kunstvoll geschnitzt sind die östlichen Seitenwangen: Auf der Nordseite ist die Kreuzigung Jesu dargestellt mit Sonne und Mond in den Gewölben über den Kreuzesarmen. Auf der Südseite sehen wir die Verkündigung des Engels an Maria mit einem großen Lilienstrauß als Symbol der Reinheit und Jungfräulichkeit, im Hintergrund ein Lesepult mit zwei Büchern, dem geschlossenen Alten und dem aufgeschlagenen Neuen Testament.
Die zweisitzigen Grafenstühle unter dem Fürstenstuhl gehören zur gotischen Erstausstattung des Hochchors, sie waren die Vorgänger des Fürstenstuhls. Ihre Pulte sind an den Seitenwangen mit kunstvoll geschnitzten Wappen geziert, das nördliche Pult mit dem Jungfrauenadler der Familie Cirksena und das südliche mit einem Einhorn im Wappenschild (Symbol für Christus, aber auch für Jungfräulichkeit und daher Mariensymbol). Das Chorpult zu dem in der Mitte stehenden Dreisitz zeigt an seiner Südseite einen Pelikan (Symbol der sich aufopfernden Liebe, des gekreuzigten Christus) und Jona im Maul des Fisches (Symbol des Todes und der Auferstehung Christi).

Der Flügelaltar
Der Flügelaltar geht auf das späte 15. Jahrhundert zurück, gehörte sicherlich auch zur Erstausstattung des Hochchors und ist der einzige von ursprünglich fünf Altären, der die Reformation wenigstens in Teilen überdauert hat. Erhalten ist aus dieser Zeit noch der spätgotische Baldachin mit dem reichhaltigen Schnitzwerk als Bekrönung. Im unteren Teil wurde der einstige Schnitzaltarschrein nach der Reformation (und zwar 1577) durch Einsetzen einer großen Tafel zu einem protestantischen Schriftaltar im Renaissancestil umgestaltet. Die Beschriftung in Goldbuchstaben auf azuritblauem Hintergrund zeigt in mittelniederdeutscher Sprache auf der Mitteltafel die Einsetzungsworte zum Abendmahl, auf den Flügeln zu beiden Seiten weitere Bibeltexte zum Abendmahl und auf den Außenseiten die Zehn Gebote. Da zu der Zeit reformierte Pastoren bestimmend waren, enthalten die Gebote auch das Bilderverbot: „DV SCHALT DY NENE BILDE NOCH GELIKENISSE MAKE. BEDE SE NICHT AN VND DENE EN NICHT“, das durch den Umbau des spätgotischen Schnitzaltars (wahrscheinlich eines Marienaltars) mit der Entfernung der Figuren und Bilder befolgt worden war.
Als nur zwei Jahre später Graf Edzard II. (s. Fürstenstuhl), gestützt auf die lutherische Mehrheit der Gemeinde, das lutherische Bekenntnis in Norden endgültig durchgesetzt hatte, wurde der Altar verschlossen und vermutlich erst 1682 wieder geöffnet, nun lutherisch ausgeschmückt mit den wolkenumgebenen Engelsköpfen an den vier Ecken der Mitteltafel.
1785, also wiederum ein Jahrhundert später, wurden die inneren Schrifttafeln durch spätbarocke Gemälde des Groninger Historienmalers de Hosson verdeckt und die Zehn Gebote einfarbig übermalt. Die drei Gemälde – in der Mitte war das Abendmahl und zu beiden Seiten die Kreuzigung und Kreuzabnahme Jesu dargestellt – prägten nun zwei Jahrhunderte lang das Aussehen des Altars, bis 1983 die Leinwand zur Restaurierung der Gemälde abgenommen werden musste und auf diese Weise die fast unversehrte alte Beschriftung zum Vorschein kam. Die Gemälde wurden gerahmt und fanden einen neuen Platz an der Südwand des Langschiffs, während der wiederentdeckte, zweihundert Jahre ältere Schriftaltar wiederhergestellt wurde. Die beiden Kniebänke waren im 18. Jahrhundert (wahrscheinlich 1785) hinzugefügt worden, als die Wandelkommunion üblich war, bei der man auf der linken Seite kniend zunächst das Brot in Empfang nahm, dann hinten um den Altar herumging und auf der rechten Seite wiederum kniend den Wein gereicht bekam.

Der Taufstein
Das älteste Ausstattungsstück der Kirche ist der Taufstein, der wahrscheinlich aus dem frühen 14. Jahrhundert stammt. Es handelt sich um eine Sandsteintaufe mit sechseckigem Schaft und runder Kuppa, beide mit schlichten Dreipassbögen geziert. Den liturgischen Gebräuchen entsprechend hatte er im Laufe der Jahrhunderte mehrfach seinen Standort in der Kirche gewechselt. 1957 wurde die tiefe Kuppa mit einem Messingeinsatz versehen und der Taufstein an die heutige Stelle rechts neben den Altar gesetzt.

Das Sakramentshaus
Links neben dem Altar prangt in einem Arkadenbogen das um 1500 errichtete Sakramentshaus  aus Baumberger Kalksandstein, dessen mehrstöckige filigranartig durchbrochene Bekrönung einem spätgotischen Kirchturmhelm gleicht. Der reichhaltige Zierrat ist nicht mehr vollständig erhalten. Die Spitze, die ursprünglich einen Pelikan dargestellt haben soll, wurde 1886 in der heutigen, verhältnismäßig groben Form erneuert. Die Figuren sind größtenteils spätere Zutaten. Die vielen Konsolen lassen aber vermuten, dass ursprünglich ein reichhaltiger Figurenschmuck vorgesehen, vielleicht auch vor der Reformation schon vorhanden gewesen war. Gut erhalten und von hohem künstlerischen Rang sind die Fresken im Inneren: vier Engel, in der einen Hand eine brennende Kerze haltend, in der anderen ein Weihrauchfass schwingend; so verehrten sie die dort aufbewahrten geweihten Hostien. Zum Sakramentshaus gehört auch der angrenzende Türsturz mit den gleichen spätgotischen Zierelementen.

Besonders sehenswert sind an den inneren Wänden des südlichen Chorumgangs die Sandsteinfiguren, die Jahrhunderte lang die Fensterblenden der Querschiffgiebel geschmückt hatten und seit 1957 zum Schutz vor weiterer Verwitterung in der Kirche aufgestellt sind. Sie werden auf das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts datiert und lassen den Einfluss der nordfranzösischen Kathedralplastik erkennen. Ihr ursprünglicher Standort war vermutlich die Andreaskirche. Am besten erhalten und von adliger Schönheit ist die Marienfigur. Die Figur links neben ihr (heute ohne Kopf) stellte den Engel dar, der in lebhafter Bewegung auf Maria zuschreitet und ihr die Geburt Jesu ankündigt, während Maria demütig und mit abwehrender Handhaltung die Botschaft empfängt. Ganz links steht ein Engel mit Gewand oder Trockentuch über dem Arm, der bei der Taufe Jesu assistiert. Weiter hinten im Chorumgang finden wir die Figur eines bärtigen Heiligen, die draußen über dem Südportal des Querschiffs ihren Platz hatte und deshalb in der Literatur irrtümlicherweise häufig als Ludger bezeichnet wird.
Direkt über dem Südportal war auch die sandsteinerne Inschrift angebracht, die jetzt am Anfang des südlichen Chorumgangs gleich links ausgelegt ist. Sie ist das erste eindeutige schriftliche Zeugnis aus der Baugeschichte der Ludgerikirche, das leider schon seit Jahrhunderten stark verwittert und dadurch lückenhaft war. Der Norder Altphilologe Gerd Dickers hat diese Inschrift 1985/87 nach eingehenden wissenschaftlichen Studien entschlüsselt und ergänzt. Der Text, der sich auf den Wiederaufbau des Querschiffs bezieht, lautet (nach Auflösung aller Abkürzungen): „Anno domini mccccxlv istud aedificium est reparatum adiutorio nobilis / domicelli Ulrici, in Norda capitalis, per providentiam concuratorum et Nordensium“ – „Im Jahre des Herrn 1445 ist dieses Gebäude wiederhergestellt worden mit Hilfe des edlen Junkers Ulrich, des Häuptlings zu Norden, durch die Fürsorge des Pfarrkollegiums und der Bürger von Norden“. Flankiert wird die Inschrift durch zwei Wappen, links das Norder Wappen mit den drei Sporen und rechts das Wappen der Cirksenas mit dem Jungfrauenadler, die wie zwei angehängte Siegel die Urkunde beglaubigen. Außen am südlichen Querschiffgiebel sind seit 1985 ergänzte Kopien dieser Inschrift, der Wappen und der Figuren angebracht.
An den Pfeilern findet man viele Epitaphe (meist hölzerne Erinnerungstafeln) und im Fußboden steinerne Grabplatten, teils auch aufgestellt an der Nordwand. Wie schon das Grabmal des Unico Manninga (s.o.) zeugen sie davon, dass der Raum unter dem Kirchenfußboden früher als Begräbnisstätte genutzt wurde.

Den „Karkhof“ (Kirchhof) hinter der Ludgerikirche erlebt man heute als eine grüne Oase. In den Sommermonaten spendet er mit seinem alten Baumbestand angenehmen Schatten, im Frühjahr kündigen hier hunderte bunte Krokusse an, dass der Winter vorüber ist. Zu jeder Jahreszeit lädt er zum Verweilen ein.

Die letzte Bestattung wurde vor etwa 150 Jahren vorgenommen. Am 30. April 1879, abends um 6 Uhr, wurde die 2½jährige Anna Maria zu Grabe getragen.

Die heutige Form soll der Friedhof zum Ende des 13. Jahrhunderts erhalten haben. Neben der Ludgerikirche, der Landeskirche des Norderlandes, stand eine zweite Kirche, die Andreaskirche. Sie war die Stadtkirche der wachsenden Gemeinde. Somit zeigt das überlieferte Stadtsiegel den Apostel Andreas vor dem schräg gestellten Kreuz.

1288 war sie fertiggestellt: Eine dreischiffige Basilika aus Tuff- und Backstein, 65 m lang, mit drei hohen Türmen. Der Westturm diente durch seine Höhe als Seezeichen und leistete so auch für die Seefahrer wertvolle Dienste.

Aber schon 250 Jahre später wurde die Andreaskirche infolge von Häuptlingsfehden durch Balthasar von Esens und seinen Truppen so stark beschädigt, dass es nicht wieder zu einem Aufbau kam. 1756 trug man die letzten Steine ab. Steine waren in dieser Zeit ein wertvolles Gut, daher wurde sie zum Teil in verschiedenen umliegenden Häusern wiederverbaut. 

Anzunehmen ist auch, dass es sich bei einem Relief aus dem Jahre 1240 um ein Relikt aus der Andreaskirche handelt. Es befindet ich im Tympanon über dem Nordportal der Ludgerikirche und zeigt die Anbetung der drei Könige. Daneben sieht man Maria mit ihrem Kind, Josef und ganz rechts eine Figur mit einem kleinen Kreuz. Man geht davon aus, dass diese den heiligen Andreas darstellen sollte.

Die Kirchen und den Kirchhof umrahmte eine Kirchhofmauer, von der ein Großteil noch erhalten ist. Wie in vielen Dörfern auch heute noch üblich, wurden Bestattungen um die Kirche herum auf dem Kirchhof vorgenommen. Neben kleineren Zugängen gab es die Süderpoort beim Glockenturm, die Westerpoort neben dem Weinhaus (heute Kriminalpolizei), sowie die großzügig gehaltene Osterpoort in Richtung Innenstadt und Marktplatz, die vielen Nordern noch gut in Erinnerung ist. (Poort=Pforte)

Überhaupt gab es genaue Regelungen, welche Pforte von welchem Stadtteil bei Bestattungen zu nutzen war. So war z.B. die Süderpoort für die Bewohner der Kirchstraße vorgeschrieben, die Westerpoort für die Einwohner vom Burggraben, der Westerstraße und des Fräuleinshof und die Osterpoort für Anlieger des Marktes, der Siel-, Oster-, Mühlen- und Klosterstraße.

Die Eisenteile der stolzen Osterpoort wurden im April 1940 abgebaut. Vermutlich entgingen auch sie nicht dem Schicksal des leidlichen Weges in die Rüstungsindustrie.

„Dat elende Karkhof“ wurde er genannt, der Bestattungsplatz, ganz ohne Grabsteine oder Kreuze. Er befand sich auf dem Rasendreieck östlich des Hochchors. Hier wurden Menschen bestattet, die durch eigenes Zutun aus dem Leben geschieden waren, aber auch Fremde, Heimatlose und von der See Freigegebene sowie Unbekannte, die aus dem Elend kamen (alt-sächsisch „eli lenti“ = fremdes Land, später auch für leidvolles Dasein)

Mitten auf der Anhöhe des Friedhofs findet man den sagenumwobenen Warzenstein. Es heißt, der Bremer Bischof Rembert habe während der Normannenschlacht im Jahre 884 auf diesem Stein kniend so inbrünstig für den Sieg der Friesen gebetet, dass seine Knie dort Abdrücke hinterlassen haben. Auch wurden ihm heilende Kräfte bei der Behandlung von Warzen zugeschrieben, kommt man mit dem durch Regen und Tau gesammelten Wasser in Berührung.

Wahrscheinlicher aber ist es, dass er als Ständerstein einer Holzkirche anzusehen ist, die auf einem von Menschenhand aus Heidesoden aufgeschichtetem Erdhügel gestanden haben muss. Schließlich hatte die Christianisierung bereits Einzug erhalten, lange bevor die beiden Prachtkirchen, die Ludgeri- und Andreaskirche erbaut wurden. So ist ein Vorgängerbau wahrscheinlich, wie auch spätere Bohrungen in den 1990er Jahren unterstreichen.

Etwa 9.000 Grabstellen soll es im Laufe der Jahre auf dieser Anhöhe gegeben haben. Nur noch wenige Grabsteine, Platten und Stelen sind erhalten.

Der Förderkreis Kulturschatz Ludgeri hat sich zur Aufgabe gemacht, dieses wichtige Kulturgut zu bewahren und sich dafür Steinmetz Sven Thater aus Friedeburg ins Boot geholt. Die Flächen gründlich aber auch schonend zu reinigen, ist sein oberstes Ziel.

Viele Einzelheiten sind bereits wieder erkennbar: Die nach unten zeigenden Fackeln für das verlöschende Leben, der Schmetterling als Symbol für die aufsteigende Seele, die sich in den Schwanz beißende Schlange als Symbol der Ewigkeit. Inschriften erzählen Geschichte und Geschichten. Nicht nur Geburts- und Todesdatum sind vermerkt, auch Wichtiges aus dem Leben des verstorbenen Menschen ist hier in Stein gemeißelt.

Ein ganz besonderer Platz, dieser „Alte Friedhof“. Wie schon zu Beginn erwähnt, lädt er zu jeder Jahreszeit zum Verweilen ein. Und jetzt gibt es wieder einen Schatz mehr, den es zu entdecken gibt.

Kirchenführung

In den Sommermonaten finden immer donnerstags von 15 bis 16 Uhr Kirchenführungen in Ludgeri statt, und zwar vom Pfingstwochenende bis Ende September. Treffpunkt ist das Foyer im Eingangsbereich. Der Eintritt ist frei.

Grundriss der Ludgerikirche

Der Hochchor von außen

Der Eingang

Das Taufbecken